Bis zur jetzigen Begründung haben viele Unternehmen noch nicht auf das Urteil reagiert – wohl in manchen Fällen auch in der Hoffnung, dass alles so bleibt, wie bisher. Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott beobachtet: „Diese Schonfrist, die nie eine war, ist nunmehr verstrichen. Es gibt keinen berechtigten Grund mehr, warum ein Unternehmen mit der Arbeitszeiterfassung warten kann.“
Das sieht die Kanzlei ARQIS anders. Sie weist daraufhin, dass das Urteil zur Arbeitszeiterfassung zunächst einmal nur bindend für die Parteien des Rechtsstreites sei. Zwar lege das BAG darin bereits geltendes Recht aus, doch es „verweist an vielen Stellen auf den Gesetzgeber und dessen Handlungspflicht“, was für die Kanzlei ein Grund ist, mit der Einführung einer Arbeitszeiterfassung zu warten. Fuhlrott merkt an, dass das BAG in seinem Urteil sagt, dass aus der unionsrechtskonformen Auslegung des § 3 ArbSchG eine entsprechende Pflicht folgt. „Damit ist es letztlich doch das Gesetz, das eine Zeiterfassung vorschreibt.”
Das Bundesarbeitsministerium selbst schreibt auf seiner Webseite in einem FAQ zur Arbeitszeiterfassung zwar, die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung sei „bereits heute geltendes Recht” und verneint die Frage, ob man als Unternehmen warten könne bis das Arbeitszeitgesetz an die Rechtsprechung des BAG angepasst ist. Doch das ist den Anwältinnen und Anwälten von ARQIS zufolge rechtlich nicht bindend.
Die Kanzlei rät daher von übereilten Maßnahmen ab, zumal etwa die Einbindung des Betriebsrates in etwaige Neuregelungen nicht vergessen werden sollte. Zudem sei im ersten Quartal 2023 zumindest mit einem Eckpunktepapier aus dem Bundesarbeitsministerium zu rechnen.
Bis dahin sollten Unternehmen aber nicht untätig bleiben: „Eine sorgfältige Analyse und anschließend Einführung oder Anpassung eines Zeiterfassungssystems sind die Schritte, die meines Erachtens nunmehr vorgenommen werden sollten”, sagt Michael Fuhlrott. Die Anschaffung teurer Systeme könne unter dem Aspekt, dass aus dem BMAS zeitnah etwas kommen wird, vielleicht noch kurzfristig zurückgestellt werden.
Zur Entscheidung des BAG kommen Sie über diesen Link.
Der Artikel erschien zuerst auf unserer Schwesterseite Personalwirtschaft.de.