Frau Professor Rózsa, wie verändert sich das Lernen in Zeiten der Digitalisierung?
Prof. Dr. Julia Rózsa: Ich schaue mir seit Jahren an, wie an Hochschulen gelernt wird, und bin davon überzeugt, dass wir anders lernen sollten, als wir es traditionell tun. Eine Hochschule bietet die besten Voraussetzungen, um das Lernen anders zu gestalten. Zusammen mit Prof. Dr. Jörg Winterberg, dem früheren Rektor der SRH Hochschule Heidelberg, haben wir uns Universitäten in Europa angeschaut und geguckt, wo am besten gelernt wird. In Skandinavien und in den Niederlanden sind wir fündig geworden. Auf der Basis dieser Vorbilder haben wir hier an der SRH Hochschule das CORE-Prinzip entwickelt. Es basiert auf einer anderen Zeitstruktur. Demnach ist es sinnvoller, ein Thema zu einer Zeit zu lernen, nicht mehrere Themen zeitlich parallel. Die Studierenden profitieren davon, indem sie sich immer nur auf eine Prüfung vorbereiten müssen, nicht auf mehrere gleichzeitig. Wichtig an unserem Ansatz ist weiter, dass wir uns immer die Lernziele bewusst machen sollten. Es muss den Lehrenden und den Lernenden von Anfang an klar sein, wohin das Lernen führen soll. Welche Kompetenzen – und nicht nur Wissen – sollen erlernt werden? Der dritte Punkt sind die Kriterien, anhand derer man erkennen kann, dass jemand Lerninhalte oder eine Kompetenz erlernt hat. Um das zu beweisen, können wir aus über 30 verschiedenen Prüfungsformen auswählen, welche Form am besten zu den zu erwerbenden Kompetenzen passt. Der Leistungsnachweis kann etwa eine Präsentation sein oder auch über digitale Kanäle demonstriert werden. An dieser Stelle ist das Feedback auf die Leistung der Lernenden in der Prüfungssituation wichtig. Dieses CORE-Prinzip des Lernens lässt sich auf alle Formen und Zwecke des Lernens anwenden, ob in der Hochschule, im Beruf oder in anderen Bereichen des Lebens.