In dieser rauen See verabschieden sich Unternehmen zunehmend von ihren alten, komplexen Stellenbewertungsverfahren mit vielen Kriterien und hohem Kalibrierungsbedarf, die nicht zuletzt aufgrund ihrer eigenen Terminologie oft wie ein Fremdkörper im Unternehmen wirkten. In dezentralen Organisationen gilt es, dabei insbesondere die dezentral tätigen HR-Kollegen und Mitarbeitenden gleichermaßen als Kunden abzuholen.
Genügte es bisher, betroffenen Mitarbeitern die Methodik und Einordnung ihrer Stelle ins Grading zu erläutern, fordern Mitarbeiter heute vielerorts ein höheres Maß an Transparenz, zum Beispiel bei der Einordnung der eigenen Stelle im Quervergleich. Wie weit das künftig geht und ob ein höheres Maß an Transparenz in jedem Kontext wirklich zur Steigerung der wahrgenommenen Fairness führt, bleibt abzuwarten.
Mit Blick auf die Methodik erweist es sich auch beim Grading als hilfreich, mit unterschiedlicher Granularität zu agieren: Wichtig ist ein stabiles, grundsätzliches Methodenrückgrat mit wenigen Kriterien im Hintergrund. Abhängig vom erforderlichen Grad der Transparenz und der Größe und Form der Organisation werden diese Kriterien im Flottenverband unterschiedlich granuliert angewandt. Zentrale Überlegungen dabei sind:
Von der Analytik zur Summalytik in klassischen Organisationsstrukturen: Nur wenige Stellen werden analytisch bewertet, die restlichen werden in Rangreihen zugeordnet und über multiple Paarvergleiche plausibilisiert. Die Summalytik resultiert aus der Erkenntnis, dass selbst die analytischste Methode immer auch Ermessen beinhaltet und letztlich immer scheingenau bleibt.
Von klassischen Kriterien hin zu Skillmatrizen in agilen Strukturen: Durch abgestufte Beschreibungen von Wertigkeitsebenen anhand der Ausprägung von relevanten Kompetenzen werden Rollenbündel erarbeitet und bewertet. Alternativ werden dazu Kompetenzrangreihen abgeleitet. Nur im Hintergrund erfolgt die Übersetzung zum Methodikrückgrat, um eine übergreifende Vergleichbarkeit im Unternehmen herzustellen.
Knappe Spezialistenmärkte, der Einsatz von Skillmatrizen in agilen Strukturen sowie dünne Personal-decken im Management führen zu einem wachsenden Einfluss des Stelleninhabers auf ein Jobprofil. Das Konzept der Stelle gerät ins Wanken. Damit im Rahmen von personengetriebenen Bewertungen inflationäre Grades sowie die damit verbundenen Strukturkosten relativ zur Wertschöpfung handhabbar sind, bedarf es – bei aller Agilität und Freiheit – auch eines stabilen Controllings.
In der Kontrolle von Budget und Strukturkosten werden von Unternehmen diverse Ansätze verfolgt. In agilen Strukturen sind es Methoden aus dem Gamification-Bereich, indem eine maximale Anzahl von Punkten oder Euro zur Verfügung stehen. Zuständige Führungskräfte oder das Team kann das vorhandene Budget verteilen. Neben in- und externen Benchmarks werden auch Deckelungen für die jeweiligen Grades festgelegt. Höherstufungen können nur dann erfolgen, wenn dies Werte nicht überschritten werden.
Insgesamt zeigt sich, dass Prozesse weniger von oben nach unten hierarchisch und stärker dezentral der Organisation folgend gesteuert werden. Dezentrale oder agile Teams bewerten ihre Jobs selbständig mit einem Budget. Grading-Panels, wie zum Beispiel in Restrukturierungen zur übergreifenden Kalibrierung, gibt es seltener. Das Topmanagement wird hingegen überwiegend noch zentral vom CoE gegradet.