Die reine Beitragszusage ist vier Jahre nach Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes in der Wirtschaft angekommen. Durch den Verzicht auf Garantien bietet sie den Versicherten höhere Renditechancen.
Wer nun den Titel „erstes Sozialpartnermodell (SPM)“ tragen darf, ist eigentlich unerheblich – auch wenn beide Akteure gerne damit werben –, denn die Rahmenbedingungen und inhaltliche Ausgestaltung sind unterschiedlich. Tatsache ist: Innerhalb einer Woche wurde sowohl das auf einem Flächentarifvertrag basierende Branchen-Sozialpartnermodell der Chemie genehmigt als auch der unternehmensbezogene Verbandstarifvertrag der Energiewirtschaft.
- Das Energie-Sozialpartnermodell haben Verdi, die Gewerkschaft IGBCE, das Energieunternehmen Uniper, der Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen (AVEW) sowie die Arbeitgebervereinigung Bayerischer Energieversorgungsunternehmen (AGV Bayern) verhandelt. Die Aufsichtsbehörde hat das bAV-Konzept des Metzler Pensionsfonds bei Uniper für unbedenklich erklärt. Der Tarifvertrag „reine Beitragszusage“ tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und ist erstmals nach zehn Jahren kündbar.
- Die Tarifvereinbarung für das SPM in der chemischen Industrie haben der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) geschlossen. Die BaFin erteilte dem Chemie-Pensionsfonds der R+V Versicherung die Unbedenklichkeitsbescheinigung für das SPM. Die neue tarifliche Regelung ist ab sofort in Kraft und wird auch anderen Versorgungswerken offenstehen.
Nicht nur die großen tarifgebundenen Unternehmen haben in den vergangenen vier Jahren gespannt auf den ersten SMP-Tarifvertrag gewartet, sondern auch mittelständische Unternehmen. Nicht wenige haben 2019 ihre Versorgungswerke in der Hoffnung auf die reine Beitragszusage umstrukturiert. Doch es dauerte auch deshalb bis zum Durchbruch, weil der Paradigmenwechsel – von der Garantie bis zur reinen Beitragszusage – nicht von heute auf morgen überzeugte. Vor allem die Gewerkschaften mussten sich mit dem Pay-and-Forget-Ansatz anfreunden und dann im nächsten Schritt auch noch ihre Mitglieder überzeugen. Einige Produktanbieter standen in den vergangenen Jahren mit zügig entwickelten Versicherungslösungen für die sogenannte Tarifrente in den Startlöchern. Doch die Nachfrage blieb zunächst aus. Für die Wartezeit hatten sie durchaus Verständnis, weil hinter den Kulissen der Sozialpartner diskutiert wurde – zum Beispiel über die Durchführung und Steuerung der Kapitalanlage.
Nun ist aber mit zwei Abschlüssen und dem Go der Aufsichtsbehörde der Weg frei, um die hinter dem Sozialpartnermodell stehende Grundidee – mehr renditestarke Anlagen und eine Beschränkung der Haftung und Einstandspflicht der Arbeitgeber – mit Leben zu füllen.