Die Corona-Krise hat unsere Gesellschaft und Wirtschaft aktuell noch fest im Griff. So berichtet zum Beispiel der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in einem Sondergutachten, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie nahezu alle Volkswirtschaften erfasst haben und dass im ersten Halbjahr 2020 mit einem deutlichen Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung zu rechnen ist (vergleiche „Die gesamtwirtschaftliche Lage angesichts der Corona-Pandemie“ – Sondergutachten vom 22.03.2020 vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung).
Der internationale Währungsfond (IWF) beurteilt die weltweite Lage als Rezession, die mindestens so schlimm oder sogar schlimmer ist als die Finanzkrise im Jahr 2008. Und das Ifo Beschäftigungsbarometer stürzt im März 2020 auf 93,4 Punkte und verzeichnet damit den größten Rückgang seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 2002 (Vgl. „ifo Beschäftigungsbarometer“ – Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen im März 2020). Einer aktuellen Studie des ifo-Instituts zur Folge ist durch die Corona-Krise in Deutschland mit einem Rückgang der Jahreswachstumsrate des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Höhe von 4,3 bis 20,6 Prozentpunkten zu rechnen (Vgl. Dorn, Florian et al., 2020, “Die volkswirtschaftlichen Kosten des Corona-Shutdown in Deutschland: eine Szenarienrechnung“, in: ifo-Schnelldienst, Nr. 4/2020). Allein diese große Spanne zeigt, wie groß die Unsicherheit über das Ausmaß der Krise noch immer ist.
Trotz der hohen Unsicherheit stehen viele Unternehmen derzeit vor einschneidenden Entscheidungen oder haben diese bereits getroffen. Und obwohl viele Entscheidungen äußerst kurzfristig getroffen werden müssen, werden viele Unternehmen langfristig mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen leben müssen. Eine der größten und wichtigsten Herausforderungen für viele Unternehmen ist zweifelsohne die Sicherung der Liquidität. Denn laut einer Blitzumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer rechnen rund 80 Prozent der deutschen Unternehmen in 2020 mit zum Teil deutlichen Umsatzrückgängen (Vgl. „Auswirkungen des Corona-Virus auf die deutsche Wirtschaft“ – 2. DIHK-Blitzumfrage März 2020). Fast jedes fünfte Unternehmen, so das Ergebnis der Studie, sieht sich schon heute akut von Insolvenz bedroht. Besonders stark betroffen sind dabei der Dienstleistungssektor, Freizeit- oder Kulturdienstleister, das Hotel- und Gastgewerbe sowie die Flug- und Verkehrsbranche. Der Handel ist – mit Ausnahme der Supermärkte, die der notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens dienen – schwer getroffen. Aber auch zahlreiche Automobilhersteller und deren Zulieferer haben ihre Produktionswerke mittlerweile stillgelegt.
Bei immer stärker wegbrechenden Umsätzen entscheidet sich eine zunehmende Anzahl von Unternehmen dazu, auch Maßnahmen zur Reduktion von Personalkosten umzusetzen. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt dabei die Kurzarbeit. So wird laut der Prognose des Ifo-Instituts die Kurzarbeit in Deutschland drastisch steigen, so dass in den kommenden Monaten jedes vierte Unternehmen von diesem Instrument Gebrauch machen wird. Die Mannheimer Corona-Studie berichtet, dass sich 6,5 Prozent der Beschäftigten, die im Januar 2020 noch voll erwerbstätig waren, schon im März 2020 in Kurzarbeit befunden haben (Vgl. Blom, Annelies G. et al., 2020, „Die Mannheimer Corona-Studie: Das Leben in Deutschland im Ausnahmezustand – Bericht zur Lage vom 20. März bis 31. März 2020“). Kurzarbeit eignet sich dabei in der Regel vor allem für Arbeiter und Angestellte. Für leitende Angestellte und Führungskräfte ist das Instrument weniger geeignet, auch deshalb, weil Kurzarbeit ab einer bestimmten Einkommenshöhe deutlich an Attraktivität für Arbeitnehmer verliert. Hinzu kommt, dass Fach- und Führungskräfte in der Regel außertariflich beschäftigt sind. Handelt es sich bei diesen um leitende Mitarbeiter oder Organfunktionen, sind Arbeitgeber immer auf eine individuelle Zustimmung des Mitarbeitenden angewiesen. Bei tarifgebundenen Mitarbeitenden kann über die Kurzarbeit im Gegensatz dazu kollektivrechtlich, beispielsweise zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, entschieden werden.
Doch auch viele Fach- und Führungskräfte sind mehr als gewillt, in dieser außergewöhnlichen Zeit einen Beitrag zu leisten. So ist seit einigen Wochen in den Medien immer wieder von Vorständen und Top-Führungskräften zu lesen, die aus Solidarität und Loyalität zu ihren Arbeitgebern freiwillig auf einen Teil ihrer Vergütung verzichten. Von entsprechenden Initiativen wurde unter anderem bei Adidas, Thyssen-Krupp, Puma, Daimler, ZF-Friedrichshafen und der Deutschen Bank berichtet.
Diese prominenten Beispiele prägen die Erwartungshaltung gegenüber Fach- und Führungskräften allgemein. So könnte die grundsätzlich freiwillige Solidaritäts- und Loyalitätsbekundung nach Auffassung einiger Kommentatoren für Führungskräfte derzeit de facto zum Zwang werden. Vor diesem Hintergrund rät der Fach- und Führungskräfte Verband (DFK) seinen Mitgliedern, eine Vereinbarung zur Kurzarbeit und zum freiwilligen Gehaltsverzicht nicht voreilig zu unterschreiben. Im Gegenteil: Der Verband empfiehlt den Fach- und Führungskräften, die Vereinbarungen genau zu überprüfen und zu hinterfragen. Dabei, so der DFK, sind auch Transparenz und die Argumentationsqualität der Unternehmen wichtige Faktoren. Was sind die Gründe für den Gehaltsverzicht? Für welchen Zeitraum wird der Gehaltsverzicht gefordert? Welchen Plan hat das Unternehmen zur Krisenbewältigung und wie ist es für die Zukunft aufgestellt? Diese und andere Fragen sollten nicht unbeantwortet bleiben (abgerufen am 15.04.2020).
Die Fragen lassen erahnen, dass der freiwillige Gehaltsverzicht – bei aller gebotenen Dringlichkeit – von Unternehmen nicht leichtfertig eingefordert werden darf. Wir empfehlen Unternehmen daher, eine klare und nachvollziehbare Argumentation zu entwickeln. Dabei ist es aus unserer Sicht entscheidend, neben der kurzfristigen auch immer die mittel- und langfristige Perspektive im Blick zu haben. Auch auf die Frage, wie langfristig die Loyalität und Motivation wichtiger Mitarbeitergruppen gesichert oder sogar gestärkt werden können, sollten jetzt Antworten gefunden werden.
Transparenz bildet die Basis einer stichhaltigen Argumentation. Entscheider sollten sich daher zunächst ein Bild davon verschaffen, welche Kosten überhaupt durch die eigene Führungsmannschaft entstehen. Oder anders ausgedrückt: Wie hoch sind eigentlich die „Cost of Leadership“ im eigenen Unternehmen? Die Beantwortung dieser Frage lässt Rückschlüsse darauf zu, wie groß der Beitrag der Fach- und Führungskräfte an der Bewältigung überhaupt sein kann. Geht es um ökonomisch relevante Impulse oder eher um symbolische Maßnahmen? In einem zweiten Schritt sollten – falls nicht ohnehin schon vorhanden – Szenarien über den Krisenverlauf entwickelt werden. Anhand dieser Szenarien lässt sich ableiten, in welchem Ausmaß und über welchen Zeitraum kostenreduzierende Maßnahmen notwendig sind. Im dritten Schritt sollten Instrumente zur vorübergehenden Reduktion der Cost of Leadership entwickelt werden. Dabei sollten sowohl kurzfristige Maßnahmen, wie auch mittel- und langfristig wirkende Konzepte betrachtet werden. Im Fokus des folgenden Beitrags stehen Schritt 1 und 3. Wir sind davon überzeugt, dass sich ein strukturiertes und strategisches Vorgehen lohnt. Denn trotz aller Risiken bieten sich momentan auch Gelegenheiten für Unternehmen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.