Agile Einheiten in Großorganisationen wachsen
Diese agilen Inseln in Organisationen müssen bei der Gestaltung ihrer Vergütungs- und Performance-Systeme große Freiheiten bekommen. Sie müssen mit unterschiedlichen Vergütungsmodellen experimentieren dürfen und über eigene Erfahrungen zur Lösung kommen, die ihre angestrebte Kultur unterstützt. Wenn die bestehende Vergütungspraxis und die geltenden Performance-Management-Systeme agilen Inseln übergestülpt werden, führt das oft zu unbefriedigenden Lösungen, weil klassische Vergütungsmodelle agile Arbeitsweisen im besten Fall nicht unterstützen, tatsächlich aber oft behindern.
Wirksame Vergütungs- und Performance-Management-Systeme für agile Inseln müssen die folgenden Prinzipien aus der agilen Arbeitswelt berücksichtigen:
- Kundenfeedback wird zum Bewertungsmaßstab für Leistung: Kundenzentrierte Arbeit bemüht sich, den Kunden und seine Wahrnehmung in die Mitte des Geschäftsablaufs zu stellen. Damit wird die Kundeneinschätzung zum ersten und letzten Leistungsmaßstab der erzielten Leistung und Ergebnisse. Die Vergütungs- und Steuerungssysteme müssen daher Kundenäußerungen wie etwa einen Net Promoter Score zum Anker von Belohnungssystemen machen.
- Lernerfolg wird integraler Bestandteil von Belohnungssystemen: Das beständige Lernen bei der Arbeit muss sich im Vergütungssystem widerspiegeln. Dabei sollen die Mitarbeiter einen Vorteil bekommen, die sich selbst um die Verbreitung von Wissen kümmern, indem sie interne Lernveranstaltungen unterstützen und dabei gutes Feedback bekommen. Parallel dazu sollen Mitarbeiter einen monetären Anreiz bekommen, wenn sie sich für eine neue Rolle qualifiziert haben. Entscheidend für die Zumessung ist jedoch nicht die Qualifizierung selbst, sondern die Tatsache, dass sie die neue Rolle oder eine Rolle mit einem deutlich erweiterten Anforderungsprofil tatsächlich ausüben.
- Kennzeichen für gute Leistung ist die Selbstverpflichtung zur Verbesserung: Die Leistungsziele im agilen Umfeld lassen sich nicht aus Jahreszielen oder Budgetvorgaben ableiten. Tatsächlich orientieren sich die Teams an unterjährigen – meist quartalsbasierten – Zielen, die stark vom eigenen Wunsch nach Verbesserung getrieben werden. Dieses Streben nach Verbesserung muss ein Maß für die performanceabhängige Extravergütung werden. Das Modell muss die Tatsache berücksichtigen, dass bei besonders ehrgeizigen Zielen eine Zielverfehlung wahrscheinlich ist, dass aber der Lernerfolg dann am größten ist.
- Erfolgsmessung und variable Vergütung beziehen sich auf das Team, nicht auf das Individuum: Komplexe Herausforderungen lassen sich nicht individuell, sondern nur im Team lösen. Daher müssen sich performanceabhängige variable Vergütungen auf das Team und nicht auf das Individuum beziehen. Dieser Grundsatz muss einschließen, dass es größere und kleinere Teams benötigt, die den Gesamterfolg tragen, und dass zusätzlich zu Teams auch Meta-Teams eingerichtet werden, die koordinierende oder abstimmende Aufgaben übernehmen. Darüber hinaus sind Expertengruppen üblich, um systemische Verbesserungen für die Organisation zu entwickeln.
- Benefits sind darauf ausgerichtet, die Arbeit zu erleichtern: Teams werden in ihrer Arbeit durch die unterschiedlichsten Dinge behindert. Dazu können fast banale Behinderungen gehören – beispielsweise zeitintensive Beschaffung von Mahlzeiten –, aber auch viele, die mit der Lebenssituation der Teammitglieder zu tun haben: ihre Erwartungen an Verpflegung, Spaß in Pausenzeiten oder Erleichterungen beim Pendeln. Das Design der Benefits sollte daher Lösungen einschließen, die Jobtickets, aber auch Home-Office-Lösungen ermöglichen.
- Reward-Modelle zielen auf die Mehrwertschöpfer, nicht auf die Vertragsinhaber ab: Für den Teamerfolg ist es wesentlich, dass die Experten im Team einen gemeinsamen Mehrwert schöpfen. Dieses Expertenteam muss im Zentrum aller Überlegungen eines Reward-Systems stehen, unabhängig davon, ob alle Experten im Team einen Arbeitsvertrag des Unternehmens oder eines Dienstleisters haben oder als Freelancer tätig sind. Das integrale Zusammenwirken der Experten, unabhängig von ihrer arbeitsrechtlichen Verankerung, ist die eigentliche Herausforderung von Reward-Modellen agiler Organisationen.
- Reward-Modelle unterstützen zyklische Rollenveränderungen: Adaptive Organisationen denken in kürzeren Zyklen – oft in Quartalen – und verändern Rollen und Aufgabenzuschnitte. Daher wechseln Mitarbeiter ihre Rollen in den Teams und können dabei auch Steuerungs- und Koordinierungsrollen in Zeitperioden übernehmen. Reward-Systeme müssen diese sich verändernden Rollenwahrnehmungen mit unterschiedlichen Vergütungspaketen begleiten. Die Grundvergütung ist daher auf das Skill-Profil des Mitarbeiters bezogen und kann daher einen nach Skills individualisierten Charakter erhalten. Diese Individualisierung kann sich daher nach den verfügbaren Skills richten, wobei für kritische Skills auch höhere Vergütungspakete angeboten werden. Systemisch sollten diese Vergütungspakete den Charakter von Zuschlägen haben, damit sie offen bleiben für Anpassungen in der Zukunft. Denn es soll möglich bleiben, dass ein Mitarbeiter nach Phasen großer Verantwortung auch wieder Rollen übernimmt, die eine begrenzte Verantwortung bedeuten, wodurch auch Vergütungspakete wieder abschmelzen. Die Höhe des Vergütungspakets richtet sich dabei typischerweise nach der Kritikalität der Rolle, wobei es nicht zwingend ist, dass Führungsrollen (auf Zeit) automatisch mit dem höchsten Vergütungspaket korrelieren.