In den vergangenen Jahren sind ein paar Pensionskassen in eine finanzielle Schieflage geraten. Die Gründe für die wirtschaftliche Schieflage sind vielfältig, liegen aber auch an dem höheren Lebensalter der Versicherten und dem Niedrigzinsniveau.

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Leistungskürzungen der Pensionskassen
Um die eigene Existenz zu sichern, musste beispielsweise eine von ihrer Sanierungsklausel Gebrauch machen. Sie hat Leistungen herabgesetzt, so dass Rentner geringere Leistungen bekommen als zugesagt.
Das alles bleibt nicht folgenlos. Die BaFin hat der besagten Pensionskasse zwischenzeitlich untersagt, neue Verträge abzuschließen, bestehende Verträge zu erhöhen und neue Mitglieder aufzunehmen. Arbeitgeber können die Leistungskürzungen bis jetzt noch nicht durch zusätzliche Beiträge in die bestehenden Versicherungsverträge ausgleichen.
Die Leistungskürzungen haben für Arbeitnehmer zur Folge, dass sie weniger aus der Pensionskasse ausgezahlt bekommen, als sie es im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) mit dem Arbeitgeber vereinbart haben.
Haftung der Arbeitgeber
Für diesen Fehlbetrag haftet der Arbeitgeber, obwohl er durch die Zahlungen an die Pensionskasse seinen Beitrag zur bAV des Arbeitnehmers bereits geleistet hat. § 1 I Satz 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) besagt, dass der Arbeitgeber auch dann für die zugesagte Leistung haftet, wenn er die betriebliche Altersvorsorge über einen Dritten durchführt.
Von dieser gesetzlichen Durchgriffshaftung kann sich der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch nicht dadurch befreien, dass er bei der Versorgungszusage ausdrücklich auf die Satzung der Pensionskasse und damit auf die Möglichkeit der Leistungsreduzierung hingewiesen hat. Laut BAG wird die Sanierungsklausel nicht Bestandteil der Versorgungszusage an den Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber ist danach in der Pflicht, die Differenz zwischen der zugesagten Leistung und der herabgesetzten Leistung der Pensionskasse selbst zu übernehmen.
Höhe des Anspruchs gegen Arbeitgeber
Die Subsidiärhaftung des Arbeitgebers beschränkt sich auf den Fehlbetrag, also auf die Reduktion der ursprünglich von der Pensionskasse zu erbringenden Leistung. Eine Anpassungsprüfung nach Verbraucherpreisindex gemäß § 16 III Ziffer 2 BetrAVG erfolgt nicht, sofern von der Pensionskasse die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Besteuerung/Abgaben
Mit einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.02.2020 wurde klargestellt, dass es sich bei den vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen um nachträglichen Arbeitslohn handelt, der gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu besteuern ist. Auch sind anfallende Sozialabgaben vom Arbeitgeber abzuziehen und weiterzuleiten.
Lebensnachweise
Wenn Arbeitgeber Leistungen zahlen, sollte regelmäßig (mindestens einmal im Jahr) ein Lebensnachweis angefordert bzw. vom Arbeitnehmer erbracht werden, um sicherzustellen, dass die Zahlungsvoraussetzungen noch erfüllt sind
Insolvenzschutz
Der Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSVaG) springt ein, wenn der Arbeitgeber als Träger und Finanzierer der Betriebsrenten insolvent wird und ausfällt. Die PSVaG zahlt nicht, wenn die Pensionskasse in Schieflage geraten ist.
Bisher sah der Gesetzgeber keine Notwendigkeit, über Pensionskassen durchgeführte Zusagen des Arbeitgebers von der Insolvenzsicherung erfassen zu lassen.
Diese Regelung hat der deutsche Gesetzgeber auf Grundlage einer europäischen Richtlinie (2008/94/EU) in §§ 7, 8 BetrAVG geändert. Aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage mehrerer Pensionskassen und der Haftung des Arbeitgebers hat der Gesetzgeber entschieden, die Insolvenzsicherungspflicht für solche Betriebsrentenzusagen einzuführen, die über regulierte Pensionskassen durchgeführt werden.
Der Arbeitgeber muss also nicht nur für den Fehlbetrag einspringen, sondern die in Zukunft fällig werdenden Beträge auch gegen Insolvenz schützen.
Schadensersatzansprüche der Arbeitgeber
Es stellt sich die Frage, ob Arbeitgeber Schadensersatzansprüche geltend machen können.
Schadensersatzansprüche gegen den damaligen Berater oder Vertreter der Pensionskasse könnten sich aus den folgenden Gesichtspunkten ergeben:
- Verstoß gegen Informationspflichten nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz
- falsche Zusagen zur betrieblichen Altersvorsorge bei Vertragsschluss
- unerlaubte Rechtsberatung
- Verkauf „garantierter“ Renten oder im Vergleich höherer Garantiezinsen
- Expertenhaftung der bAV-Spezialisten, wenn persönliches Vertrauen in Anspruch genommen wurde
- Hinweis der Vermittler bzw. Vertreter auf die BaFin-Aufsicht und Genehmigung bei regulierter Pensionskasse
Arbeitgeberwechsel
Wechselt der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz und hat bereits eine Vereinbarung über eine betriebliche Altersvorsorge, wird der neue Arbeitgeber den bereits laufenden Vertrag oft übernehmen.
Die Ausfallhaftung trifft nur den letzten Arbeitgeber. Eine Teilhaftung des vorhergehenden Arbeitgebers wird in der Regel ausscheiden. Es gilt: „Den Letzten beißen die Hunde.“
Ob eine Haftung der Pensionskasse, des Vermittlers oder des Beraters in Betracht kommt, wird für den „letzten“ Arbeitgeber in diesem Fall noch schwerer zu beweisen sein, ist er doch auf Mithilfe und Überlassung der Beweismittel des „abschließenden“ Arbeitgebers angewiesen.
Steht dem alten Arbeitgeber ein Anspruch zu, hätte der neue Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass ihm der Schadensersatzanspruch vom „abschließenden“ Arbeitgeber abgetreten wird.
Verjährung
Grundsätzlich verjähren Ansprüche gegen Vermittler, Berater oder die Pensionskasse jeweils in drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem sie fällig geworden sind.
Rentner
Haben Rentner den Differenzbetrag noch nicht bei ihrem Arbeitgeber geltend gemacht, sollten sie selbst etwaige Ansprüche prüfen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Rentner auf ihre Subsidiaritätshaftung hinzuweisen. Es handelt sich vielmehr um eine „Holschuld“.
Die Ansprüche unterliegen der dreijährigen Verjährung (§ 18a BetrAVG). Auf eine etwaige kurze Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag kann sich der Arbeitgeber laut Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts nicht berufen. Sie gilt nicht für Ansprüche aus einer betrieblichen Altersvorsorge (siehe hierzu LAG Köln, Urteil vom 08.03.2015, Az: 12 Sa 689/15).